Queere Kunst und Kollektivität – Mediale Verschränkungen zwischen Performance und Dokumentation bei Antonia Baehr und Pauline Boudry / Renate Lorenz. (Arbeitstitel)
Ausgehend von Projekten der Choreographin Antonia Baehr und den Videokünstlerinnen Renate Lorenz und Pauline Boudry untersucht mein Promotionsprojekt das Verhältnis von, im wechselseitigen Bezug entstehenden, (queeren) Performances und Medien (Buch, Score, Fotografie, Video) und deren Potenzial (affektive) Archive zu bilden. Neben dem Interesse für eine Komplizenschaft zwischen Kunstwerk und Dokumentation, die in diesen Arbeiten sichtbar wird, geht es diesem Projekt auch um die Untersuchung von Formen künstlerischer Kollaboration oder Kollektivität im Zusammenhang mit queeren Sozialitäten und Ästhetiken.
Baehr veröffentlicht im Anschluss an Performances [Lachen 2008; Abecedarium Bestiarium 2013] nahezu gleichnamige Bücher, in denen sich – gleichermaßen dokumentiert und dokumentierend – die Scores (Handlungsanweisungen/ Partituren) finden, die diesen Arbeiten vorausgingen und von Freund*innen für sie angefertigt wurden. Boudry/Lorenz erschaffen Filminstallationen, die auf Performances beruhen, welche nur für die Kamera ‚aufgeführt‘ werden und erst im (musealen) Raum als Inszenierung von Video/Objekten/Architektur rezipierbar werden [N.O.Body 2008; Telepathic Improvisation 2017].
Mein Projekt zielt darauf ab, anhand des Materials entscheidende Spannungsfelder zwischen Medien-, Theaterwissenschaft und Queer Theory auszuloten. Dazu gehören neben Fragen der Prä- oder Absenz (von Performer*innen, Freund*innen, Publikum) auch Konzepte nichtlinearer Zeitlichkeit (Queer Temporalities), eine Auseinandersetzung mit Performativität und Performance zwischen Wiederholung, Ereignishaftigkeit und Mittelbarkeit (vor allem mit Blick auf Geschlecht, Sexualität, Begehren) sowie mit Bühnen/Medien als Orte des Denkens und Fühlens.
Vor dem Hintergrund affekttheoretischer Überlegungen wird untersucht, inwiefern die Projekte von Baehr/Boudry/Lorenz als (selbst-)dokumentarische Arbeit an der Darstellbarkeit queerer Beziehungen, Körper, Begehren und Affekte lesbar sind und wie sich diese Arbeit zu normativen und objektivierenden Operationen des Dokumentarischen und des Archivarischen verhält.
Philipp Hohmann ist seit dem Wintersemester 2019 wissenschaftlicher Mitarbeiter und promoviert am DFG-Graduiertenkolleg „Das Dokumentarische. Exzess und Entzug“ an der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Zuvor studierte er ebenfalls an der RUB Szenische Forschung, Theaterwissenschaft, Gender Studies und Wirtschaftswissenschaft. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit ist er seit 2012 Mitglied des Bochumer postinklusiven Performance Kollektiv dorisdean.
Website: https://das-dokumentarische.blogs.ruhr-uni-bochum.de/kollegiat_innen/philipp-hohmann/