Projekte: Katrin Köppert

Gegenzukünfte ökolonialer Gegenwart in Kunst, Design und Populärer Kultur

Der Klimawandel hat nicht nur ein Geschlecht, sondern folgt neokolonialrassistischen Mustern. Das heißt, die Auswirkungen des Anthropozäns sind ungleich verteilt. Entlang historischer Trennfugen zerfällt die Welt in „dispossessors“ und „dispensable citizens“ (Jalais 2010), in begünstigte Regionen und solche des anthropo-not-seen (de la Cadena 2015). Vom Extraktionismus noch verschont sind insbesondere letztere von der Brutalität des langsamen Todes betroffen, also der sich nicht im Spektakel ereignenden Umweltkatastrophe, sondern schleichenden, oft nicht sichtbaren Gewalt der Toxine (Nixon 2011).
Aus diesem Raum des Nicht- oder Kaum-Sichtbaren heraus entstehen derzeit künstlerische, gestalterische und populärkulturelle Arbeiten, denen meine aktuelle Forschung gewidmet ist. Gerahmt von der Frage, wie auf die vergeschlechtlichten und rassifizierten Differenzen des Anthropozäns hingewiesen werden kann, ohne das Primat der Sichtbarkeit zu reproduzieren, interessieren mich Musikvideos, Fotografien, experimentelle Filme, GIF-Essays, Modedesigns und Architekturen, die aus der Position des „remaining below“ (Moten 2014) operieren. Wie lassen sich diese ästhetischen Formen des below beschreiben und inwiefern informieren sie eine kritische Perspektive auf kulturelle und materielle Aneignungen des zum Beispiel wörtlich zu verstehenden below des maritimen Raumes?

Im Rahmen dieser Forschung spielen vor allem Artikulationen von Zeit und Temporalität eine zentrale Rolle. Wie übersetzt sich die fehlende Synchronität des akzelerierten Kapitalismus der Natur (Moore 2015) und des langsamen Sterbens von Natur in die Ästhetik, aber auch Ethik der im Kontext ihrer Entstehung und Distribution zu analysierenden Arbeiten? Welche Gegenzukünfte entwerfen sie?

Katrin Köppert, Dr. des. phil. studierte Gender Studies und Neuere deutsche Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin (M.A.) und promovierte 2018 am Institut für Kunst und Visuelle Kultur an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Nach mehrjährigen wissenschaftlichen Tätigkeiten in Siegen, Los Angeles, London und Linz sowie einem Stipendium am DFG-Graduiertenkolleg Geschlecht als Wissenskategorie (Humboldt-Universität zu Berlin), ist sie seit Dezember 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte und Theorie der Gestaltung der Universität der Künste Berlin. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Queer Media Theory, Affect Studies und politische Gefühle, Visual Culture, Populär- und Vernakulärkultur, Fotografietheorie und -geschichte, Post- und Dekoloniale (Medien-)Theorie, Sound/Image und Temporality. Zuletzt erschienen sind „Das ‚Handwerk’ des Schmerzes. Fotografie zwischen Automatisierung und Affizierung“, in: Käthe von Bose et al. (Hg.): Verkörperung und Materialisierung, München: Fink; „Tableau Vivant as Plateau of Pain and Queer Temporality in Photography as Cinema“, in: Barbara Paul et al. (Hg.): Perverse Assemblages. Queering Heteronormativity Inter/Medially, Berlin: Revolver.

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