Queer Bonds. Resonanzräume devianter Verbundenheit in fotografischen Medien bei Walter Benjamin und Alexander Kluge
Ziel dieser Dissertation ist es, durch eine differenzierte und komparatistisch informierte Herangehensweise Resonanzräume zwischen (queer-)feministischen Perspektiven und ausgewählten Arbeiten von Walter Benjamin und Alexander Kluge herauszuarbeiten. Das bedeutet, es geht um die Suche nach Anknüpfungspunkten für queer-theoretische Fragehorizonte rund um deviante Formen der Verbundenheit in fotografischen Medien. Im Zentrum der dafür versammelten Analysen steht die Suche nach relational angelegten Theoriefiguren und medialen Formen, die die Normen des bürgerlichen (weißen, cis-männlichen, christlichen) souveränen Subjekts und die damit verbundenen Vorstellungen über heteronormative familiäre und sexuelle Beziehungen und Lebensläufe überschreiten, unterlaufen oder sogar zerstören. Diese Suchbewegung nach transgressiven Weisen, Verbundenheit und Intimität zu konzipieren und auszudrücken, fokussiert auf der Gegenstandsebene fotografische Albenpraxen und Home Movies und wird durch Analysen literarisch-theoretischer und filmischer Verfahren komplementiert. Die Vorgehensweise lehnt sich an Benjamins geschichtsphilosophische Thesen an, mit welchen unterschiedliche Vorstellungen zur Bedeutung von Zeitlichkeit, Verbundenheit und Repräsentation einhergehen. Untersucht werden damit deviante Formen von Verbundenheit anhand von Konstellationen historischer Diskurse und emanzipatorischer Aneignungen.
In der Dissertation werden im ersten Abschnitt Beispiele aus der Zwischenkriegszeit zu erotischen und pornografischen Fotografie-Alben (Bestand Batsy), die Figur der »Prostituierten« bei Walter Benjamin sowie das Konzept des »Leib- und Bildraums« und der Status devianter Körper in medizinischen Diskursen untersucht (Mysterium des Geschlechts, AT 1933). Im zweiten Abschnitt liegt der Fokus auf Vorstellungen von Zeit und Geschichtsprozessen sowie dem Verhältnis von Gewalt, Gefühlen und Verbundenheit in Alexander Kluges Arbeiten. Untersucht werden die Kompilationsfilme Nachrichten aus der ideologischen Antike (DE 2008) und Deutschland im Herbst (DE 1978) sowie die »Familien-Kurzfilme« der 1960er und 1970er Jahre. Diese Auseinandersetzung wird durch queere Perspektiven auf Gefühle als Analysekategorie in Kluges Arbeiten und um eine Analyse des Status’ queerer Formen von familiärer Verbundenheit und Freund*innenschaften in Home Movies erweitert. Vergleichend werden dazu relationale, mediale Formen in den Arbeiten eines Filmklub-Amateurs herausgearbeitet (Bestand Mulec).
Melanie Konrad ist Universitätsassistentin in Ausbildung (Prae Doc) am tfm | Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien, bei Prof. Christian Schulte. Sie hat Politikwissenschaft an der Universität Wien und am Goldsmiths College, University of London, studiert. Forschungsinteressen liegen in der Politischen Theorie, der Queer Theory und der Medienkulturwissenschaft.